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Helmut Frankenberg

Jüdisches Zentrum im Pfarrsaal

Aus dem Leben der Kölner Juden
Die Synagogen-Gemeinde kauft einen Teil des katholischen Gemeindezentrums, um sich besser um Chorweiler Juden kümmern zu können. Der Verkauf rettet den Rest des katholischen Pfarrzentrums. Die Kölner Synagogen-Gemeinde hat der katholischen Pfarrgemeinde in Chorweiler für 135 000 Euro den Pfarrsaal abgekauft. Während die Pfarrei St. Johannes einen großen Teil ihres Pfarrzentrums abgibt, baut die jüdische Gemeinde ein neues Zentrum mit Büros, Kursangeboten und Gottesdiensten auf. Der Besitzerwechsel wird zum Symbol für die demografische Entwicklung in der Großsiedlung. Stadtentwicklungsdezernent Bernd Streitberger provozierte bei einer Diskussion im Rathaus zur Erarbeitung eines Integrationskonzepts für Köln mit der Zuspitzung: „Chorweiler ist russisch.“

Tatsächlich hat sich die Bevölkerungsstruktur deutlich verändert. Lebten dort nach dem Bau des Stadtteils, der heute als Sorgenkind der Stadtplaner gilt, rund 10 000 Katholiken, so ist der Anteil der Gemeindemitglieder von St. Johannes auf fast 6000 zurückgegangen. Nur 3198 Einwohner werden heute in der städtischen Bevölkerungsstatistik mit dem Merkmal „ohne Migrationshintergrund“ gezählt. Dagegen kommen 10 405 aus ausländischen Familien. Die größte Migrantengruppe bilden fast 2900 Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion. Vor zehn Jahren wurden nur 271 Ausländer aus diesem Teil der Welt gezählt.

Ende vorigen Jahres hatten die Migranten aus den Ländern der Sowjetunion die Türken überholt. Mehr als 1500 der Einwanderer aus Osteuropa sind Juden oder Menschen mit jüdischen Eltern. Vor zehn Jahren verlor sich im Stadtteil noch kaum ein Mensch jüdischen Glaubens.

Bei der Integrationsdebatte im Rathaus warnten alle Beteiligten vor Parallelstrukturen, die sich verfestigen könnten, und warben wie Streitberger für eine Politik der „sozialräumlichen Mischung“. Die vermissen in Chorweiler Experten seit vielen Jahren. Durch die starke Konzentration russischer Einwanderer in einigen Teilen der Stadt steht die städtische Integrationspolitik vor einem neuen Problem.

„Wir müssen aufpassen, dass sich keine russische Parallelstruktur entwickelt“, warnt auch der katholische Pfarrer Markus Hoitz. Ob der Aufbau des neuen jüdischen Zentrums dem entgegenwirkt oder die Aufspaltung eher verfestigt, sei noch nicht entschieden.

Der Gemeinde sei der Verkauf des Pfarrsaal nach den Sparbeschlüssen des Bistums schwer gefallen. Dass man dann „nach einer sehr emotionalen Debatte“ an die Synagogen-Gemeinde verkaufen konnte, habe den Beschluss erleichtert, heißt es im Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand. Der Verkauf rette schließlich den Rest des katholischen Pfarrzentrums, den man nun umbauen könne, sagt Gemeindereferent Ingo Krey. Die neue Nachbarschaft biete Anknüpfungspunkte für eine gute Zusammenarbeit für den Stadtteil. „Das passt einfach“, so Kreuz. Die Synagogen-Gemeinde verspricht, bei vielen Projekten zusammen arbeiten zu wollen. „Wir werden keine nationale Struktur befördern“, sagt Abraham Lehrer von der Synagogen-Gemeinde. Man wolle jüdisches Wissen und kulturelle Identität fördern. Ziel sei „die ganz normale Integration in die deutsche Gesellschaft“.

Ohne Anstrengungen, Transparenz und Öffnung wird das kaum gelingen können. Lehrer räumt ein, dass man die vielen älteren Zuwanderer zum Beispiel nur schwer für Sprachkurse gewinnen kann. Hoitz und Kreuz verweisen auf das Chorweiler Vorzeigeprojekt „Talente im Stadtteil“ des katholischen Sozialbüros. Bürger - egal welcher Herkunft oder Religion - geben ehrenamtlich ihr Können weiter, suchen Talente im Stadtteil und bieten Kurse an - ein interkultureller Austausch im besten Sinne, „von dem auch die jüdischen Zuwanderer profitieren“, so Krey. Die Pfarrei hofft, dass sich die Synagogen-Gemeinde in die laufende interkulturelle Arbeit einbringt und sie mitträgt. Bislang fehlen dazu die Kontakte.

Nach dem Kauf

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Nach dem Umbau

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Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger, 14.11.07